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Schön begabt: das Malerteam

Im Fundus des Bourbaki Panorama findet sich ein besonderes Bijou: Eine Malerpalette, bemalt mit der verblüffend fotografisch wirkenden Darstellung eines genüsslich an einer Pfeife rauchenden jungen Mannes, der mit überschlagenen Beinen in der Hängematte liegt. Im Hintergrund eine Panoramarotunde, geschwächte, durch den Schnee stapfende Bourbaki-Soldaten und solche hoch zu Ross. Soeben fällt dem Meister der Pantoffel vom rechten Fuss und in einem schwarzen Fleck, fast versinkend, stehen die Weinflasche und das noch (oder schon) leere Glas ... Der die Darstellung signierende Henri Hébert erlaubte sich offenbar einen Schalk mit dem Chef: So lauschig wie auf dem Bild mochte es beim Panoramamalen nicht immer  zu- und hergegangen sein. Womöglich aber dann «après le panorama» ...

Edouard Castres
Beim Mann in der Hängematte handelt es sich um Edouard Castres, den Hauptmaler des Bourbaki Panorama. Der Genfer Email- und Portraitmaler zog als freiwilliger Rotkreuzhelfer 1870 in den Deutsch-Französischen Krieg und erlebte die Internierung der Bourbaki-Armee bei Les Verrières eigens mit. Während fünf Jahren fertigte er Skizzen seiner Erinnerungen an. Neben seinem Talent waren ihm dabei die in Genf bei Barthélemy Menn und in Paris an der École des Beaux Arts erworbenen Fähigkeiten. 1881 entstand das Rundbild in der soeben erbauten Rotunde in Genf. Letztere existiert heute nicht mehr.Unter Castres Leitung vollendete das Team aus 10 Malern das Riesenrundbild in nur rund 3 Monaten – länger durfte ein Unterhaltungsmedium nicht in Anspruch nehmen. Daran war die Auftraggeberin, eine belgische Aktiengesellschaft, die auch in Lyon und Marseille Panoramen betrieb, natürlich interessiert.

Das Malerteam
Zweifellos war die Herstellung eines Panoramabildes ein beachtlicher Kraftakt und ein wenig attraktives Arbeitsfeld: Mit langen Pinseln bemalte man, stehend auf einem hohen Gerüst, je einen Teil der Leinwand strikt nach Vorgabe. Der 28-jährige Ferdinand Hodler jedenfalls war wenig begeistert – am 12. Mai 1881 schrieb er einem Freund: « Je crains bien que Castres me fasse venir dans peu de temps. La toile du Panorama était déjà mise au carreau samedi. » (Ich fürchte schon, Castres wird mich in Kürze kommen lassen. Die Leinwand des Panoramas war bereits am Samstag aufgehängt.)[1] Dennoch dürfte ein Angebot für viele Maler verlockend gewesen sein, bot es doch für eine Weile ein sicheres Einkommen.   

Edouard Castres rekrutierte seine Gehilfen vor allem aus dem Kreis der Schüler des berühmten Schweizer Landschaftsmalers und Lehrers an der Genfer Kunsthochschule Barthélemy Menn (1815–1893). Neben Ferdinand Hodler war auch Gustave de Beaumont mit dabei. Von ihm stammen das Treppenhaus des Genfer Grand Théâtre und die Fresken im Zeug- und im Rathaus. Auch restaurierte er hier die Fresken der Makkabäerkapelle.

Sämtliche am Bourbaki Panorama beteiligte Künstler:

Gustave Henri de Beaumont (1851-1922)
Auguste Frédéric Dufaux (1852-1943)
Louis Dunki (1856-1945)
William Henry Hébert (1849-1917)
Ferdinand Hodler (1853-1918)
Aimé Nicolas Morot (1850-1913)
Louis Evert van Muyden (1853-1922)
Henri Silvestre(1842-1900)
Roy Parisien
G. Gillard


[1] Aus: Kämpfen-Klapproth, B: Das Bourbaki Panorama von Edouard Castres, Luzern 1980, S. 36

Malerpalette. Après le panorama. Mai–Séptembre 1881. Öl auf Holz. 33.5 x 63 cm. Signiert von Henri Hébert.
Malerpalette. Après le panorama. Mai–Séptembre 1881. Öl auf Holz. 33.5 x 63 cm. Signiert von Henri Hébert.
Malerteam des Bourbaki Panorama mit Henri Hébert (Mitte oben, stehend), dem jungen Ferdinand Hodler (Mitte links, sitzend), den Statisten und Edouard Castres (in der Portraitansicht rechts unten). Fotografie, Genf 1881
Malerteam des Bourbaki Panorama mit Henri Hébert (Mitte oben, stehend), dem jungen Ferdinand Hodler (Mitte links, sitzend), den Statisten und Edouard Castres (in der Portraitansicht rechts unten). Fotografie, Genf 1881
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